Neues zum Fall des NS-Künstlers Josef Steib:

 

 

Neuer Stand der Dinge:

Die wissenschaftliche Studie zur Aufarbeitung der Biographie Josef Steibs, die in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung im Mai veröffentlicht werden wird, soll am 7. Mai 2025 ab 14:30 Uhr in Anwesenheit der Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration, Katharina Binz, in Cochem präsentiert werden.

 

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Inzwischen sind alle biografischen Angaben zu Josef Steib von der Seite der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur https://www.kulturstiftung-rlp.de/geschaeftsstelle-mainz/zustiftungen/nachlaesse/josef-steib-nachlass entfernt und eine Aufarbeitung des Nachlasses angekündigt: "Der Fokus liegt hier insbesondere auf den Untersuchungen der NS-Vergangenheit des Künstlers.".

Eine Aufarbeitung der Nachkriegszeit inkl. der Netzwerke, die den Nachlass in die Obhut der Stiftung brachte, wäre aber auch interessant!

 

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Never Ending Story Josef Steib
(Stand 17.03.2019)

 

Nach wie vor stehen die falschen und beschönigenden Aussagen über Josef Steib auf Wikipedia, die offensichtlich von der Stiftung RLP für Kultur als Reaktion auf die Anfrage eines Journalisten in Sachen Steib am 18. März 2015 dort eingestellt wurden (IP-Adresse eines Computers des Landesbetriebs Daten und Information Mainz). https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Josef_Steib&diff=139886841&oldid=138809957

Beispiel einer nachweislich mehrfach falschen Angabe:
„1942 flüchtete das Ehepaar Steib aufgrund des Bombenterrors nach Bad Frankenhausen auf das elterliche Gut seiner Frau Brunhilde“ (also inkl. eines Ausdrucks, der von einem Vertreter der Landeszentrale für politische Bildung RLP unmissverständlich gegenüber der Geschäftsführung der Stiftung als Nazisprache bezeichnet wurde).

Wider besseres Wissen eigene falsche Einträge nicht zu korrigieren und zu aktualisieren ist ein Missbrauch von Wikipedia und verantwortungslos.

 

Leider steht auch auf der Homepage der Stiftung eine zwar überarbeitete aber beharrlich tendenziöse Steib-Biografie.
Beispiel:
1943 Im Februar Ausschluss aus der Partei. Darauf folgt der Umzug des Ehepaars nach Bad Frankenhausen, um den angedrohten Konsequenzen durch den Parteiausschluss zu entgehen.
Auf der NSDAP-Karteikarte Josef Steibs gibt es keinen Hinweis auf einen Ausschluss, Austritt oder Streichung. Eine andere nachprüfbare Quelle konnte man mir auf Nachfrage nicht nennen.
Anderes Beispiel:
Es wird der falsche Eindruck einer Nähe Josef Steibs zum „Jungen Rheinland“ und namentlich Gert Wollheim erweckt. Der Versuch einer Kontaktaufnahme Steibs mit Künstlern des Jungen Rheinlands und Johanna Ey ist nicht unwahrscheinlich. Dass Josef Steib aber nicht unter den ca. 400 Künstlern auftaucht, die zwischen 1919 und 1933 an den Ausstellungen des Jungen Rheinlands, der Rheingruppe und der Rheinischen Sezession beteiligt waren, würde dann jedoch auch einiges über dessen „Wertschätzung“ durch seine Kollegen besagen.
Seine Bekanntschaft bzw. enge freundschaftliche Beziehung zu Nazigrößen bleibt unerwähnt.
Es wird die Anzahl der Bilder pro Großer Deutschen Kunstausstellung im Haus der Kunst in München aufgelistet (nach aktuellem Stand von GDK Research insgesamt 40 also 4 mehr) aber keiner seiner Käufer mit Namen genannt (Hitler, Göring, Bormann, Ley, Ribbentrop).
Stattdessen wird Josef Steib als Opfer dargestellt, da 3 seiner Bilder von beflissenen Jägern der entarteten Kunst beschlagnahmt wurden.
Ja, epigonales Schaffen (ein „Stilleben mit roten Äpfeln“ in Christian Rohlfs-Manier, Häuser „Vor dem Gewitter“ in Radziwill-Beleuchtung, ein Frauenbild „An der Bar“ wie ein gesofteter Dix, ein mit spätimpressionistisch dynamisiertem Pinselstrich gemaltes „Altes Bauernhaus“, usw.) konnte sich damals auf nicht geahnte Weise rächen.
Übrigens: von dem engagierten (aber auch sehr eigenwilligen) NSDAP-Mitglied Franz Radziwill („Naziwill“) wurden über 270 Arbeiten als entartet beschlagnahmt, von Arno Breker eine frühe Zeichnung aus der Zeit seines Parisaufenthaltes.

 

Warum deckt die Stiftung weiterhin die Steib’sche Selbststilisierung und Selbstentnazifizierung, obwohl ihr bekannt ist, dass einzelne Blätter aus Unterlagen des Nachlasses entfernt wurden, dass Brunhilde Steib großzügig nachgelassene Arbeiten ihres Mannes selbst signierte und Bilder als verloren angegeben hatte, die noch in ihrem Besitz waren?

Ist es (regional-)politischer Druck oder Naivität, Unverständnis, Kenntnislosigkeit, Ignoranz bezüglich der Bedeutung und des Anspruches der klassischen Modernen oder die mangelnde Bereitschaft sich mit Struktur und Wirkung faschistischer Kulturpolitik auseinanderzusetzen?
Josef Steib ist sicher kein bedeutender Künstler aber mit seinen Lebensstationen München, Düsseldorf, Berlin und seinen Nazi-Kontakten ein romanreifes Beispiel für einen erfolgreichen Opportunisten und Systemgewinnler.
Und sein Fall ist leider symptomatisch für den Umgang mit der NS-Vergangenheit im Nachkriegsdeutschland ... bis heute.
Von einer Landesstiftung, auch wenn sie ein reines Regierungsinstrument ist wie in RLP - was ein gewisses Trägheitsprinzip befördert, könnte man doch etwas mehr Kompetenz (und Rückrat!) erwarten.

 


 

Weil's so gut passt:

 

Man überlasse die Pflege der Kunst denen die dazu vom Geiste her berufen sind und nicht denen die vom Staate dazu berufen sind.

Johannes Itten

 



 

Chronik - Recherche und Reaktionen:

 

"Land hat Galerie Steib verkauft"

In einem Artikel des Wochenspiegel Cochem vom 12. September 2018 wird berichtet, dass die Galerie Steib an eine Nachfahrin von Josef Steib verkauft wurde.

Der Nachlass Steib befindet sich jetzt also - angemessener Weise - nicht mehr in öffentlichem Besitz.

Siehe auch:
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/Cochem-Umstrittene-Steib-Galerie-ist-verkauft,cochem-steib-galerie-verkauft-100.html

https://www.rheinpfalz.de/lokal/artikel/sammler-hitler-land-verkauft-den-nachlass-des-nazi-guenstlings-josef-steib/

 

Nein! Die Aufarbeitung der Biografie Josef Steibs wurde nicht von der Stiftung angestoßen!

Die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur musste dazu geradezu durch öffentlichen Druck gezwungen werden (... wobei sie eigentlich eher unwillig bis zähignorant hinter meinen Recherchen hinterhergehinkt ist).

In diesem Zusammenhang einen Dank an die Rheinpfalz. Weder die anderen rheinland-pfälzischen Zeitungen noch der SWR zeigten ein Interesse an diesem Fall.

Nun hoffen wir einmal auf die Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung. Schließlich gibt es noch einige offene Fragen.

Bezug auf die Meldung:

http://kulturland.rlp.de/de/aktuelles/detail/news/detail/News/galerie-josef-steib-von-familie-uebernommen/?no_cache=1&cHash=59295fa772bd1dadb7d7c2eba6908ff9

 

Kulturstiftung will Steib-Galerie verkaufen

zu dem Artikel in der RZ Cochem-Zell 19.2.2018

https://www.rhein-zeitung.de/region/lokales/mittelmosel_artikel,-kulturstiftung-will-steibgalerie-verkaufen-was-wird-aus-einem-cochemer-kulturschatz-_arid,1773455.html

Nachdem der Geschäftsführer der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, Herr Elsen jetzt endlich die SA-Mitgliedschaft Josef Steibs bestätigen muss - noch im Juli 2015 bezweifelte er diese - behauptet er nun mutig: „1943 wurde das Ehepaar Steib aus der NSDAP ausgeschlossen.“

Eine Historikerin aus dem Raum Berlin (Schwerpunkt NS-Zeit, Opfer und Gedenkstätten), die ich beauftragt habe im Bundesarchiv die entsprechenden Unterlagen einzusehen (und die ich natürlich dafür bezahlt habe), teilte mir auf meine Nachfrage:

„ Auf der Karteikartei zu Steibs Parteimitgliedschaft steht nichts von Ausschluss, Austritt, Streichung? ... und als Eintrittsjahr 1933 - kein genaueres Datum - ?“

folgende Antwort schriftlich mit:

„ doch, der Eintritt war am 1.5.33. Kein Ausschluss, kein Austritt, keine Streichung. Lediglich Umzug von Düsseldorf, Schadowstr. 68 im Juli 1935 nach Berlin, Kaiserallee 204.

Interessant ist, dass ab diesem Stichtag 1.5.33 eine Aufnahmesperre verhängt wurde... SA-Mitglieder waren davon allerdings ausgenommen.“

Was bitte soll solch der Satz: „Man habe versucht, die Vorwürfe der Künstlerin zu überprüfen - ohne Ergebnis.“

Laut Auskunft von Herrn Uwe Bader von der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz hat eine Überprüfung mit einem professionellen Anspruch - also durch einen Historiker - noch gar nicht begonnen, ... ist aber beabsichtigt.

Wer soll denn da geprüft haben?

Jemand, der nicht weiß, welche letztlich begrenzte Aussagekraft eine Entnazifizierungsakte hat?

Natürlich hat Josef Steib gegenüber der Spruchkammer seine SA-Mitgliedschaft verschwiegen und ein falsches Datum für seinen NSDAP-Eintritt genannt. Auch andere Selbstauskünfte sind nach heutigen Erkenntnissen widerlegbar bzw. verdächtig lückenhaft.

Seine damalige Einstufung als Mitläufer ist nicht mehr relevant.

 

Land will Steib-Galerie loswerden

http://www.wochenspiegellive.de/mosel/cochem/artikel/land-will-steib-galerie-loswerden-51538/

(Artikel vom 14.02.2018, Wochenspiegel Cochem)

 

Am 17.02.2018 erschien dazu in der RHEINPFALZ der Artikel Auf Abstand von Marcus Clauer. 

 

 

DOCH EIN TEILERFOLG AUFGRUND DES OFFENEN BRIEFES?


Die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur hat ihren Homepageauftritt geändert.

Die Galerie Steib ist nicht mehr auf der Startseite angezeigt! 

 http://www.kulturstiftung-rlp.de/

 

Anfang Mai 2017 versendete ich einen Offenen Brief zum Fall Steib mit der Bitte, den Nachlass des Kunstmalers und SA-Manns Josef Steib aus dem öffentlichen Fokus zu nehmen und somit diese Peinlichkeit zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt stand die Galerie Steib gleichwertig neben den anderen Kultureinrichtungen der Stiftung, dem Künstlerhaus Schloss Balmoral und dem Künstlerhaus Edenkoben, auf der Startseite des Internetauftritts der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur.

Unter http://www.kulturstiftung-rlp.de/index.php?id=168 stehen weiterhin Informationen zum Nachlass Steib und biografische Angaben zu Josef Steib, die man weiterhin als beschönigend bezeichnen kann.

 

Es fehlen Fakten von Bedeutung:

z.B. das enge Verhältnis von Brunhilde Steib zum "Patenonkel" Friedrich Flick (Kriegsverbrecher und Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband) sowie die Besuche der Steibs auf Görings Anwesen Carinhall.

Paul Willy Titscher, der Vater von Brunhilde Titscher, hatte wohl eine ziemlich wichtige Funktion innerhalb der Lauchhammer Werke (zugehörig den Mitteldeutschen Stahlwerken also dem Flick-Konzern).

Brunhilde Steib erzählte stolz (noch leben Zeitzeugen!) von ihren Kontakten zu Hermann Göring, Julius Schaub (persönlicher Chefadjutant von Hitler), der Familie des Generalfeldmarschalls Erwin Rommel, General Ernst Udet und anderer NS-Prominenz.

 

und ... 

- auf einer Liste mit über 400 Künstlern und Künstlerinnen, die zwischen 1919 und 1933 an den Ausstellungen des Jungen Rheinlands, der Rheingruppe und der Rheinischen Sezession beteiligt waren, taucht der Name Josef Steib nicht auf. Gert Heinrich Wollheim war ein linker Künstler. Eine Nähe zu Josef Steib ist nicht vorstellbar, eher dass Josef Steib versuchte die linke Szene auszuspionieren. 

- für einen von Josef Steib selbst behaupteten Austritt, bzw. an anderer Stelle in der Entnazifizierungsakte behaupteten Ausschluss und Streichung 1943 gibt es keinen Beleg! Es existiert kein Vermerk über Austritt, Ausschluss oder Streichung in seiner Karteikarte.

 

Einen "missing link" gefunden?

Wieso wird das Ehepaar Steib derart von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur gewürdigt, obwohl Josef Steib ein absolut unbedeutender Maler war? Seine Bilder sind weder von Bedeutung für die klassische Moderne, noch für die Nachkriegsmoderne.
Gab es da einen prominenten Fürsprecher für die Annahme des Nachlasses? Sicher kein Experte in Sachen Kunst und Kultur.

Der Bericht eines Zeitzeugen legt nahe, dass Hans Friderichs, der -  obwohl in viele Skandale verwickelt - auch in Rheinland-Pfalz sehr einflussreiche Politiker und gute Bekannte von Frau Brunhilde Steib, hier eine Rolle gespielt hat.

 

Der Kunstgeschmack des Herrn Friderichs scheint - sagen wir es einmal höflich - nicht ganz up to date zu sein.

Auch im Wittlicher Kulturstreit zog er offensichtlich die unangemessene Würdigung des NS-Künstlers Hanns Scherl der angemessenen Würdigung Georg Meistermanns vor.

Das künstlerische Werk des Hanns Scherl ist der gleichen Kategorie wie das des Josef Steib zuzuordnen:  bb = biederbedeutungslos.

 

Warum sehen sich immer wieder in kulturellen/künstlerischen Fragen inkompetente Menschen aus Politik und Wirtschaft dazu berufen auf Kunst und Kultur Einfluss zu nehmen?

 

 

 

Der Fall Josef Steib / Fragen und Fakten 

 


Teilweise sind inzwischen Ergebnisse meiner Recherche in die überarbeiteten Biografie auf der neuen Homepage der Stiftung (ab Ende Nov. 2017) eingeflossen und beabstandete Fehler korrigiert.


 

Nach der Recherche über Josef Steib, die ich 2015 auf meiner Homepage veröffentlichte, sind im Folgenden nach Stichworten geordnet weitere Fakten zusammengestellt.

Grundlagen sind u.a. die Auswertung der Entnazifizierungsakte, Informationen aus diversen Archiven, Auskünfte des Stadtarchivars von Bad Frankenhausen sowie weitere im Internet gefundene Quellen.

Ausdrücklich bedanken möchte ich mich bei der Historikerin Dr. Gabriele Bergner, die mir bei der Recherchearbeit behilflich war.

 

Erbmasse

- "Die Galerie Josef Steib wurde der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur im Jahr 1997 von Brunhilde Steib ... vererbt. Zu diesem Erbe gehörte zum einen der künstlerische Nachlass, bestehend aus unzähligen Grafiken, Radierungen, Aquarellen, Tempera- und Ölgemälden, zum anderen aber auch sämtliches Habe des Ehepaares." (Angabe auf der Homepage der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur www.kulturstiftung-rlp.de).

Das mit der "sämtlichen Habe" ist nicht korrekt. Brunhilde Steib kaufte 1960 ein mehrstöckiges Stadthaus mit großem Grundstück in Cochem am Markt. Dieses und einige Bilder gingen an Herrn Mattar, den heutigen Verwalter der Galerie Steib.

- Offen bleibt die Frage, wieso es offiziell heißt, dass der Stiftung der Nachlass im Jahr 1997 von Brunhilde Steib vererbt wurde, diese aber schon 1994 verstorben war.

- Josef Steib behauptete gegenüber der Spruchkammer (laut Entnazifizierungsakte), er habe kriegsbedingt seine "gesamte künstlerische Arbeit - Oelbilder, Radierungen, Studienmaterial", seine "gesamte Lebensarbeit von 30 Jahren" verloren.

Es dürften also kaum Bilder aus der Zeit bis zum Kriegsende im Nachlass existieren - aber der "umfangreiche Nachlass" mit „unzähligen Grafiken, Radierungen, Aquarellen, Tempera- und Ölgemälden“ ist seltsamerweise reich bestückt mit Arbeiten von vor 1945.

- Hat die Stiftung inzwischen mal die Unzahl nachgezählt und ein Werkverzeichnis erstellt? Sie hatte ja 20 Jahre Zeit.

 

SA-Mitgliedschaft

- Seine SA-Mitgliedschaft,  welche Josef Steib natürlich nicht gegenüber der Spruchkammer erwähnt hat - sonst wäre er nicht als "Mitläufer" durchgekommen! - ist ausreichend dokumentiert. An dieser Stelle sei vermerkt, dass die Entnazifizierungsverfahren direkt nach dem Krieg sich schwierig gestalteten, da viele Dokumente kriegsbedingt zerstört oder zumindest nicht verfügbar waren. Falsche und unvollständige Selbstaussagen sowie dubiose Zeugenaussagen konnten daher häufig nicht überprüft werden.

- Die Bezeichnung des Sturms über der Standarten-Nummer 39 ist auf dem Foto des Josef Steib in SA-Uniform aus der Düsseldorfer Volksparole vom 11.01.1934 schwer zu erkennen. Da es aber in der Düsseldorfer SA 7 Marinestürme gab, könnte M3 Marinesturm 3 bedeuten, oder aber auf eine Mitgliedschaft in der Motor-SA verweisen.

- Der Geschäftsführer der Stiftung Edmund Elsen teilte einem neugierig fragenden Herrn mit, dass "zurzeit aussagekräftige Primärquellen sowohl für, als auch gegen eine Mitgliedschaft in der SA sprechen." und: "Weiter liegt uns Original-Material vor, aus dem das Gegenteil hervorgeht, nämlich dass Steib kein SA-Mitglied gewesen ist." (Schreiben an Herrn Hans Ulrich Schuwerack, Landkern vom 16. Juli 2015)

Es wäre interessant die Grundlage dieses kryptischen Kommentars zu erfahren.

 

NSDAP-Mitgliedschaft

- Josef Steibs NSDAP-Mitgliedschaft beginnt 01.05.1933 (laut Karteikarte/Bundesarchiv).

Ab dem Stichtag 01.05.1933 galt zwar eine Aufnahmesperre, aber SA-Mitglieder waren davon ausgenommen. Josef Steib gibt (deswegen?) im Meldebogen der Entnazifizierungsakte an, seit 1934 Parteimitglied gewesen zu sein.

Um einem Irrtum vorzubeugen: Künstler mussten der Reichskulturkammer angehören, nicht aber Parteimitglied sein.

 

Flucht nach Bad Frankenhausen (Ende 1942 oder März 1943)

Hierzu enthält Entnazifizierungsakte widersprüchliche Aussagen:

- Als Grund für den Umzug nach Bad Frankenhausen gibt Josef Steib Probleme mit der NSDAP an. Er habe zuwenig Beitrag gezahlt im Verhältnis zu seinem Einkommen.

- Bad Frankenhausen war übrigens nicht der ideale Ort um vor der Partei zu flüchten. Der gesamte Kyffhäuserkreis war eine Nazi-Hochburg. 1943 wurde dort eine Marineversuchsanstalt eingerichtet; 1945 wurden Teile der SS-Reichsführung von Berlin nach Bad Frankenhausen evakuiert.

- Bis zum 30.6.1945 hielt Steib sich in Bad Frankenhausen auf - im Hotel Thüringer Hof (offizielle Wohnanschrift) und auf dem Staatsgut des Pächters Georg Gremels, zu dem das Ehepaar Steib offensichtlich ein enges freundschaftliches, eventuell familiäres Verhältnis hatte. Gremels wurde später von einem sowjetischen Militärtribunal wegen Kriegsverbrechen und Grausamkeiten gegenüber Zwangsarbeitern zum Tode verurteilt und hingerichtet. Im Besitz der Familie Gremels befinden sich noch zahlreiche Bilder Josef Steibs, die 1990 - fälschlicherweise - als Bodenreformgut zurückgegeben wurden.

Ein "elterliches Gut seiner Frau Brunhilde" (Steib-Biografie der Stiftung) existierte in Bad Frankenhausen nicht.

Die behauptete Gutbesitzerherrlichkeit entspringt wohl ebenso der beachtlichen Geltungssucht und dem damit verbundenen Umgang des Ehepaars Steib mit alternativen Fakten wie z. B. die Behauptung, man verkehrte im Elternhaus Brunhilde Steibs „mit seinesgleichen. Das waren Flicks, Hoeschs und Stinnes.“

 

Steibs Evakuierung

"Die Ansiedlung in Rennertshofen" (Steib-Biografie Stiftung) war eine Flucht.

Amerikanische Militärs haben Josef Steib samt Gattin und wohl einigen Koffern im letzten Moment, einen Tag vor der Übergabe Thüringens an die Russen, noch schnell auf einen Jeep verladen.

Laut Entnazifizierungsakte behauptete Josef Steib gegenüber der Spruchkammer, den von der amerikanischen Behörde ausgestellten Fahrbefehl im Original vorlegen zu können.

Er gibt als Begründung für die Evakuierung an, er hätte die Amerikaner davon überzeugen können, dass er ein international renommierter Künstler sei.

Josef Steib war bestenfalls halbwegs "reichsberühmt" bzw. „parteiberühmt“ und über seine Beliebtheit bei prominenten Nazis wird er wohlweislich geschwiegen haben - aber vielleicht litt ein amerikanischer Offizier an einem ähnlichen Talent zu Fehleinschätzungen wie die Stiftung.

 

Finanzielle Situation

- Josef Steib war nach eigener Angabe 1934-36 Mitglied im NSKK (Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps), angeblich automatisch als Mitglied eines Automobilclubs da er einen Wagen hatte.

Bemerkenswert ist, dass er sich schon 1934 einen eigenen Wagen besaß. Er betonte immer wieder, dass er sich alles ohne Unterstützung erarbeiten musste. Von einem Erbe seitens seiner Eltern oder Schwiegereltern ist nie die Rede.

In der jungen Düsseldorfer Kunstszene (z. B. Junges Rheinland, Galerie Johanna Ey) war er übrigens nicht präsent.

Die Behauptung des ehemalige SA-Manns, dass „der grösste Teil“ seiner Käufer jüdisch war und er dadurch „einen grossen Kreis jüdischer Bekannte und Freunde“ gehabt habe, ist typisch für den perfide verlogenen Ton, der den Selbstdarstellungen in vielen Entnazifizierungsakten eigen ist.

Seine Karriere war wohl eher parteinahen Kreisen zu verdanken, wie seine Teilnahmen an der Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Deutschen Kunst in München und die nachgewiesenen Ankäufe durch Nazi-Größen vermuten lassen.

- Er war 1932-1939 in ca. 20 Staaten unterwegs (Europa, Mittelmeerraum, ganz Nordafrika, Türkei, Syrien) und behauptete laut Entnazifizierungsakte, auf diesen Reisen sein Vermögen bei Ausstellungen gemacht zu haben, die angeblich „vom Propagandaministerium nicht genehmigt“ waren.

Das ist schwer vorstellbar, wäre wohl auch hochriskant gewesen. Ausstellungen moderner Kunst bedurften der Genehmigung durch die Reichskulturkammer und hohe Deviseneinnahmen, für die sich das extrem verschuldete Deutsche Reich sehr interessierte, müssten den Finanzbehörden aufgefallen sein ... es sei denn, Josef Steib hätte in Absprache mit dem SD (Sicherheitsdienst) seine Auslandskontakte gepflegt, also nebenbei als Informant gearbeitet.

- Angeblich war er „des öfteren total bombengeschädigt und habe dadurch sein Vermögen mehrmals verloren“ bzw. hatte sein "gesamtes Vermögen" verloren, u.a. da es unerreichbar auf Banken in der russisch besetzten Zone lag.

Oder wusste er, wo (z. B. in der Schweiz) man (z. B. ein vorausschauender Nazi) sein Geld sicher deponierte? Frau Brunhilde fuhr nach dem Krieg gerne mal in die Schweiz ... wegen der Bally Schuhe.

- Woher hatte er das viele Geld (Auto, Reisen, Vermögen, Wohnungen immer in den noblen Gegenden, Schmuck, Pelz und Krokotäschchen für Brunhilde und nach den kriegbedingten Totalverlusten wieder ein eigenes frisch renoviertes Atelierhaus mit einem Benz davor und dann wieder eine Weltreise ... und ein üppiges Erbe für die Witwe, ausreichend für weitere Weltreisen und noch ein Haus)?

- Aufschlussreich wären in diesem Zusammenhang vielleicht seine Angaben für den Lastenausgleich.

- "Ich bin kein Geschäftsmann" gibt er gegenüber der Spruchkammer an, aber er kam ebenso wie Brunhilde aus einer Kaufmannsfamilie und war gelernter Kaufmann.

 

Weitere Fehler in der von der Stiftung veröffentlichten Biografie

- Die Scheidung von seiner 1. Ehefrau war nicht 1932 (Biografie Homepage Stiftung) sondern 1933 (Angaben Heiratsurkunde: "Eheleute Steib/ Wundtke wurden durch Urteil des LG Düsseldorf vom 22.2.1933, rechtskräftig 2.4.1933, geschieden.")

- Josef Steib wohnte nicht nur 1920 und 1933/34 in Düsseldorf, wie in der Biografie der Stiftung angegeben, sondern von bis 1920 bis 1935.

("28.4.1920 Anzug des Josef Johann Steib nach Düsseldorf, Sternstraße 74; vom Geburtsort kommend. Letzte Adresse der Eheleute für Düsseldorf, vom 9.12.1929, Friedrichstraße 53. ... Am 24.7.1935 Abmeldung des geschiedenen Ehemannes Düsseldorf, Schadowstraße 68 nach Berlin W 15, Kaiserallee 204." Quelle: Stadtarchiv Düsseldorf)

Hat da jemand einfach vom Meldebogen der Entnazifizierungsakte abgeschrieben ohne zu bedenken, dass Aufenthaltsorte vor 1933 gar nicht nachgefragt wurden?

- Die Quellenangabe unter der Biografie ist jenseits jeglicher inhaltlichen Richtigkeit, formalen Korrektheit und Aussagekraft.

 

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Ehepaar Steib aus naheliegenden Gründen falsche biografische Angaben gemacht hat und im Nachlass befindliche Quellen gezielt (aus)sortiert oder auch manipuliert hat. Daher sollten Behauptungen wie die „Ablehnung eines Propaganda-Auftrages“ und die Einstufung als „entartet“ nicht ohne Quellenangaben und nähere Erläuterungen zur evtl. Bedeutsamkeit bzw. Nichtbedeutsamkeit in eine Biografie aufgenommen werden. Die Ankäufe von Werken Steibs durch Adolf Hitler, Hermann Göring, Martin Bormann, Joachim von Ribbentrop, Robert Ley sprechen für sich (siehe meine frühere Recherche mit Quellenangeben unten).

Da Josef Steib als großer Opportunist auch mal - mit ca. 20 Jahren Verspätung - „expressionistisch“ (wie er es fälschlicherweise nannte) malte, ist nicht auszuschließen, dass einzelne Bilder von ihm in öffentlichen Einrichtungen von eifrigen Parteigenossen beschlagnahmt oder vernichtet wurden.

Zur „Ablehnung eines Propaganda-Auftrages“ lässt sich sagen, dass die Annahme eines solchen Auftrags für Josef Steib hätte sehr mühsam werden können, da er weder ein sicherer Figurenmaler war noch einen dramatischen Bildaufbau beherrschte.

Leider sind viele der falsche Angaben, die über die Homepage der Stiftung verbreitet wurden und werden, zum Teil wörtlich in den Wikipedia-Artikel zu Josef Steib übernommen worden.

 

Der überaus mutigen Behauptung, dass seine Kunstauffassung nicht dem während der NS-Zeit gängigen „Kunstverständnis“ des Regimes entsprach (Homepage der Stiftung, Galerie Steib, Willkommen) stelle ich die zum Werk Steibs so passende Einschätzung Hanno Rauterbergs aus seinem Artikel „Dunkle Idyllen“ gegenüber: „Wenn es im Nationalsozialismus überhaupt ein künstlerisches Programm gab, dann war es Biedersinn ...“ (http://www.zeit.de/2016/47/ns-kunst-bochum-ausstellung).

 

  


 

Am 28.5. 2015 erschien in der Rheinpfalz ein ausführlicher Artikel von Markus Clauer zu meiner unten stehenden Recherche über Josef Steib und die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur.

 


 

Der Fall Josef Steib und die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur 

- eine Recherche über einen von RLP gewürdigten NS-Künstler 

 

Die Landesstiftung Rheinland-Pfalz für Kultur präsentiert auf ihrer offiziellen Homepage 1 die Galerie Steib in einer Reihe mit ihren zwei anderen Renommierprojekten Schloss Balmoral und Künstlerhaus Edenkoben.

Ein Grund, sich mit dem Fall Steib – und ich möchte ausdrücklich von einem „Fall Josef Steib“ sprechen – näher zu beschäftigen.

 

Die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur hat 1997 den Nachlass des Künstlers Josef Steib vererbt bekommen und das Erbe angenommen.
Dies wirft einige Fragen auf.

 

Ist die Annahme und Verwaltung eines solchen Nachlasses überhaupt mit der Satzung (Stiftungsurkunde) 2 vereinbar?

Die Stiftung wurde 1991 als eine rein fördernde Stiftung  gegründet.
Die Annahme eines Nachlasses ist insofern erstaunlich, da dessen Bewahrung, Aufarbeitung und Präsentation es erfordert, operativ tätig zu werden.

 

Auch hatte die vererbende Witwe sicherlich Erwartungen bezüglich des Umganges mit dem Gebäude Galerie Steib, dem Inventar und dem Werk ihres Mannes.

Welche Verpflichtungen - auch finanzielle - ist die Stiftung hier eingegangen?

Das Vererben des Nachlasses geschah übrigens nicht „überfallartig“. Nach Auskunft des jetzigen Geschäftsführers Herrn Edmund Elsen trat die Witwe schon im Gründungsjahr mit ihrem Anliegen an die Stiftung heran. (Die Stiftung wurde am 17. Dezember 1991 errichtet. Die Witwe hat also sehr schnell reagiert - oder gab es schon im Vorfeld Absprachen?)

Auf jeden Fall wäre genug Zeit gewesen, die Frage „Darf die Stiftung einen Nachlass annehmen ... und wenn ja, soll die Stiftung diesen Nachlass annehmen ... “ zu klären.

 

Die Satzungsänderung von Ende 2012 3, gibt der bis zu diesem Zeitpunkt rein fördernden Stiftung nun die Möglichkeit auch operativ tätig zu werden, also selbst Projekte zu initiieren und durchzuführen, dies allerdings nur im Rahmen des „Kultursommers Rheinland-Pfalz“.

 

Der Vorstand, das entscheidende und verantwortliche Gremium der Stiftung, besteht ausschließlich aus Mitgliedern der jeweiligen Landesregierung (mit oder besser ohne die bei diesen Personen üblicherweise vorhandene Kompetenz in Sachen Kunst und Kultur).

 

Das zweite Gremium der Stiftung, das Kuratorium hat nur eine beratende (oder absegnende?) Funktion - soweit es überhaupt ausreichend informiert wird. Aber angesichts der hohen Präsenz von Vertretern aus Politik und Wirtschaft und den allenfalls teilkompetenten Kunstvermittlern kann dieses Organ ohnehin nicht als fachkompetent in künstlerischen Fragen und kunsthistorischen Bewertungen bezeichnet werden.

So gibt es in dem 16-köpfigen Kuratorium 2014/15 nur eine einzige Person aus dem Bereich des Kunstschaffens: Hansgünther Heyme - ehemaliger Intendant des Theaters im Pfalzbau, Regisseur und Schauspieler ( ... aber Hansgünther Heyme und Rheinland-Pfalz - das ist eine eigene Geschichte).

 

Wurde, da die Gremien der Stiftung schwerlich in der Lage sind, die Bedeutung eines Künstlernachlasses (historisch, kunsthistorisch, künstlerisch) zu beurteilen, Fachkompetenz von außen (z. B. Kunsthistoriker, die sich mit der Kunst zur NS-Zeit beschäftigt haben) hinzugezogen?

 

Liest man die von der Stiftung auf ihrer Homepage veröffentlichte Biografie Josef Steibs, sieht man auf den ersten Blick: Hieran kann kein Kunsthistoriker gearbeitet haben.

(Aufgrund meiner Recherche wird z. Z. offensichtlich daran gearbeitet.)

Es sollte in bald 18 Jahren eigentlich möglich sein, eine fundierte Biografie zu erstellen, die mehr ist als ein„entnazifizierter“ Lebenslauf, der den Eindruck erweckt, dass er auf dem „Erinnernkönnen“ und „Erinnernwollen“ der Witwe des Malers beruht.


Hier einige der offensichtlichen Fehler und ärgerlichen Auslassungen:

 

1911 
Geburt von Brunhilde Steib

Brunhilde Steib wurde nicht als Brunhilde Steib geboren!

(Dieser Eintrag wurde Mitte März 2015 - sprachlich nicht unbedingt befriedigend - auf der Homepage der Stiftung RLP für Kultur korrigiert : 

1911 Geburt von Brunhilde Steib, geb. Titscher)

 

1914 
Unterricht im Malen und Radieren bei Prof. Herberholtz in Düsseldorf.
Herr Herberholz wird nicht mit tz geschrieben, hat zudem einen Vornamen (Wilhelm) und ich habe keine Hinweise gefunden, dass er schon im Jahr 1914 mit 33 Jahren Professor war (vermutlich ab 1925/26).

(Dieser Eintrag wurde Mitte März 2015 geändert

1914 Unterricht im Malen und Radieren bei Prof. Wilhlem Herberholz in Düsseldorf.)

 

Der Aufenthaltsort Josef Steibs zwischen 1920 und 1934/35 ist aus dieser Biografie nicht ersichtlich.

(Auch nach Ergänzungen der biografischen Angaben Mitte März 2015 bleibt der Aufenthaltsort zwischen 1921 und 1933 weiter unklar.)

War es Berlin, wie Herbert Budweg Geschäftsführer Hotel-Café Germania in einer Einführung anlässlich einer Ausstellung 2009 behauptet?
„Zum 111. Geburtstag des Malers und Radierers Josef Steib zeigt Ihnen das Hotel Café Germania, Cochem, die Ausstellung »Genuss - Stillleben«  ... wie aufregend die Gesellschaft damals gewesen ist. Besonders in Berlin, wo Josef Steib mit seiner Frau Brunhilde in den 20er Jahren lebte.“ 4
Seltsam, angeblich lernte er Brunhilde erst 1935 kennen!

Andere Biografien 5 behaupten übereinstimmend, Josef Steib hätte sich in jenen Jahren überwiegend in Düsseldorf  aufgehalten, u. a. als freier Schüler der Düsseldorfer Akademie.
Diese Zeit müsste angesichts der damaligen Bedeutung der Düsseldorfer Kunstszene in jeder Hinsicht die interessanteste gewesen sein.
Josef Steib und Otto Dix in den frühen 20iger Jahren Seite an Seite in der Radierwerkstatt bei Werkstattleiter Wilhelm Herberholz?
Eine irritierende Vorstellung, wenn man davon ausgeht, dass Josef Steib in seiner Düsseldorfer Zeit SA-Mitglied 6, 7 war.
Die SA, nicht unbedingt ein Verein mit vorwiegend passiven Mitgliedern, war auch in Düsseldorf (besonders 1933) für etliche Morde verantwortlich.

 

1934  
Teile von Steibs Werk werden im Nationalsozialismus zur „entarteten Kunst” gezählt und vernichtet.
Zu diesem Satz der Biografie ist Folgendes zu bemerken:
Das Etikett „entartet“ besagte im Jahr 1934 nichts Endgültiges über die Möglichkeit einer künstlerischen Karriere unter den Nationalsozialisten. Dies gilt besonders für Künstler mit einem gewissen Talent zum Opportunismus.
Der Name Steib taucht nicht auf der an die 700 Künstler umfassenden Liste der Datenbank „Entartete Kunst“ der FU Berlin 8 auf ... allerdings der von Arno Breker (vielleicht wegen eines missliebigen französisch angehauchten Frühwerks).

 

1940/42 Teilnahme an der „Großen Kunstausstellung“ in München

Diese Angabe stellt sich bei näherer Überprüfung als bedenklich unvollständig heraus, und zwar nicht nur, weil diese Ausstellung „Große Deutsche Kunstausstellung“ hieß. (Wer den Unterschied für belanglos hält, sollte die Rede von Adolf Hitler zur Eröffnung der Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Deutschen Kunst, München 1937 nachlesen 9.)

(Dieser Eintrag wurde Mitte März 2015 auf der Homepage der Stiftung RLP für Kultur teilkorrigiert:

1940-1943Teilnahme an der "Großen Deutschen Kunstausstellung" in München in 1940, 1941 und 1943

 - und am 19. März weiter korrigiert:

1940-1943 Teilnahme an der "Großen Deutschen Kunstausstellung" in München in 1940 (2 Arbeiten), 1941 (6 Arbeiten), 1942 (4 Arbeiten), 1943 (11 Arbeiten, davon 6 Stadtwappen), 1944 (13 Arbeiten))

Die Beteiligung an der Großen Deutschen Kunstausstellung (GDK) 1937-1944 im Haus der Deutschen Kunst in München besagt nicht automatisch, dass ein Künstler ein nicht weiter beachtenswerter nationalsozialistischer Propagandamaler war. So wird das anerkannte Lebenswerk eines älteren Künstlers wie Heinrich von Zügel (geb. 1850) durch eine Teilnahme an der GDK (z. B. mit einem Werk von 1912) 10 keineswegs abgewertet.

Auch gab es Künstler, von denen Werke als „entartet“ beschlagnahmt wurden (siehe die oben erwähnte Liste „Entartete Kunst“ der FU Berlin), die aber trotzdem auf der GDK vertreten waren (z.B. Karl Rössing - 5 Zeichnungen GDK 1939/1940; Josef Hegenbarth - 1 Zeichnung GDK 1937; Carl Buchheister -  2 Zeichnungen und 1 weiteres Bild GDK 1943).

Die 2011 online gestellte Datenbank GDK Research 10 dokumentiert, wer wann mit welchen Arbeiten auf der GDK 1937-1944 vertreten war und an wen zu welchem Preis Verkäufe getätigt wurden.

Hier zeigt sich, dass Josef Steib schon rein nach der Zahl der ausgestellten Werke zu den best vertretensten Künstlern der GDK gehörte 11 (36 Werke, im Vergleich Adolf Ziegler 14, Arno Breker 42).
Steib nahm an der GDK1940/41/42/43 und 1944 teil - sehr erfolgreich u. a. mit Verkäufen an Adolf Hitler, Hermann Göring, Martin Bormann, Joachim von Ribbentrop, Robert Ley.
Sein Erlös betrug über 52000 Reichsmark (zum Vergleich: der Stundenlohn eines Arbeiters betrug 1942 80,8 Pf 12 bei einer Arbeitszeit von ca. 50 Std. pro Woche).

 

Äußerst befremdlich angesichts einer solchen Erfolgsbilanz in der Nazizeit wirkt die Charakterisierung Steibs im Jahresbericht der Stiftung von 2009:

“... Es verwundert nicht, dass ein Künstler, der Ende des 19. Jahrhunderts geboren wird, als junger Mann den Ersten Weltkrieg erlebt, die Wirren der Zeit zwischen Wilhelminischem Kaiserreich und Weimarer Republik am eigenen Leib erfährt und in den Zeiten des Nationalsozialismus mit dem Vorwurf entarteter Kunst konfrontiert wird, einen Rückzugsort wie Cochem an der Mosel als neue Heimat wählt. Dieser Künstler ist Josef Steib.“ 13

Es sei unbestritten, dass die Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut allein letztlich kein Grund sein kann, das Schaffen von Künstlern pauschal zu verdammen – man denke nur z. B. an Emil Nolde oder Franz Radziwill.

 

Wenn aber die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur Informationen zu den historischen Bezügen derart ignoriert und eine Biografie verfälscht, verhindert sie einen kritischen Diskurs und behindert somit ein Verständnis für Kunst und Kultur in diesem Land.

 

Es wird höchste Zeit, dass die Frage nach der künstlerischen und kunsthistorischen Relevanz dieses Nachlasses gestellt wird. Kann das sehr heterogene Werk Josef Steibs, mehr vorweisen als eine große Anpassungsfähigkeit? Ragt es aus dem vielfältigen Schaffen der Künstler der Vorkriegszeit und der frühen Nachkriegsjahre heraus oder kann es zumindest auf hohem Niveau mithalten? Hat Josef Steib eine eigene Handschrift, eine eigene Thematik, also eine eigene künstlerische Position entwickelt (nicht nur vorhandene adaptiert), sodass es gerechtfertigt ist, eine Landeseinrichtung „Galerie Steib“ zu gründen und zu unterhalten?

 

An dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis an die Meister des Feuilletons:
Die Anordnung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda über Kunstkritik vom 27. November 1936, dass die „Kunstkritik“ durch den „Kunstbericht“ zu ersetzt ist, gilt nicht mehr! 14

 

Werke Josef Steibs werden, wie die Stiftung in der Rubrik „Galerie Steib/Ausstellungen“15 dokumentiert, regelmäßig auch außerhalb der „Galerie Steib“ gezeigt und zwar in einem auffallend provinziellen Rahmen:
Kreissparkasse Mayen; Café Hotel Germania, Cochem; Vulkaneifeltherme Bad Bertrich; Loch Raum und Idee, Trier (ein Geschäft für Teppiche, Gardinen, Heimtextilien); Kreissparkasse Cochem-Zell.
Zu diesen Würdigungen auf regionaler Ebene gehört auch ein Josef-Steib-Malwettbewerb für Hobbykünstler.

 

Angesichts des immer noch schwelenden „Wittlicher Kulturstreits“ (Meistermann-Museum contra „Nazikünstler“ Hanns Scherl) 16, dem schwierigen Erbe des Stifters Hanns Simon im Haus Beda/Bitburg 17 und der höchst umstrittenen Werner Peiner Ausstellung in Gemünd 2012 18 ist es schon erstaunlich, mit welcher Beharrlichkeit, fernab jeglichen Problembewusstseins, weitere „nationalsozialistische Uhus in die Eifel getragen werden“ - um das Bild des sprichwörtlich gewordenen Geflügeltransports Richtung Athen zu bemühen.

 

Nicht minder bedenklich ist es, Josef Steib mit einer Ausstellung außerhalb der Landesgrenzen zu ehren, so geschehen 2012 in Neuburg, Bayern 19.
Es wäre für Rheinland-Pfalz sicher peinlich geworden, hätte sich dort jemand etwas näher mit der Person Josef Steib beschäftigt, denn 2 Jahre später sorgte die in den gleichen Räumen stattfindende Ausstellung der Malerin und Nazifunktionärin Margarete Schneider-Reichel für entsprechende Schlagzeilen. 20

 

Es ist zu befürchten, dass dieses Agieren der Landesstiftung für Kultur aufgrund des in der Struktur der Stiftung liegenden Mangels an Fachkompetenz und Qualitätsbewusstsein der kulturellen Entwicklung im Lande wie auch dem Ansehen von Rheinland-Pfalz außerhalb schadet (falls letzteres überhaupt vorhanden ist).

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Anmerkungen/Quellennachweise

(Links auf Internetseiten beziehen sich auf die Erreichbarkeit Januar 2015)


1. http://www.kulturstiftung-rlp.de/


2.  Stiftungszweck Stiftungsurkunde enthalten in
http://www.kulturstiftung-rlp.de/uploads/media/Inhaltsverzeichnis__Vorwort_2002-2005.pdf


3.  Stiftungszweck in der neuen Fassung ab Dez. 2012 siehe
http://www.kulturstiftung-rlp.de/stiftung/satzung.html


4.  http://www.eifel-und-kunst.de/homepage/kuenstler/josef-steib/html/artikel/001_ausstellung_cochem2009.htm


5.  Biografien Josef Steib:

- Wikipedia  http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Steib

Dieser Wikipedia-Artikel wurde in Folge meiner Recherche am 18.03.2015 umfangreich geändert (siehe Versionsgeschichte).

(Anmerkung: unter Ausstellungen fehlen
1940 GDK
1941 Nürnberg, Fränk. Galerie, Albrecht-Dürer-Verein

http://periodika.digitale-sammlungen.de/zblg/seite/zblg13_0536
/unter Ziffer 2189)

- Heimat und Literatur
http://www.jahrbuch-daun.de/VT/hjb1990/hjb1990.41.htm
(Anmerkung: Für eine Mitgliedschaft in der Künstlervereinigung „Malkasten“ habe ich keine Hinweise gefunden. Josef Steib steht nicht auf der unter http://malkasten.org/archiv/2005/07/bestandsliste.php veröffentlichten Mitgliederliste.)

- Eifel und Kunst
http://www.eifel-und-kunst.de/homepage/kuenstler/josef-steib/html/biographie.htm


6.  Wikipedia, Josef Steib (dort mit Quellenangabe: Knut Soiné: Zur Malerei Franz Radziwills 1933 bis 1945 In: Bruckmanns Pantheon, 56 (1998), S. 171)


7.  Anmerkung: Vielleicht würde ein Blick in die personenbezogen Unterlagen des Berlin Document Centers, jetzt Bestand des Bundesarchivs, Klarheit über die Mitgliedschaft in der SA und der NSDAP (z.B. Eintrittszeitpunkte) bringen, eventuell auch Hinweise auf politische Aktivitäten in München 1919, sowie Aufschluss darüber, ob Josef Steib noch einberufen wurde (Volkssturm) oder nicht, bzw. warum nicht.

Anmerkung zur Anmerkung 7:
In einem Rundschreiben des Bundesministers des Innern über die Auswertung von Material der Alliierten Dokumentenzentrale in Berlin (Berlin Document Center) vom 12. August 1954 heißt es:

„Aus naheliegenden Gründen erscheint es unerwünscht, die Bedeutung des Materials der früheren NSDAP und ihrer Gliederungen der Öffentlichkeit gegenüber hervorzuheben. In Bescheiden wird daher auf dieses Material nur dann hinzuweisen sein, wenn dies aus Gründen der Beweisführung erforderlich ist. Von Wichtigkeit ist es aber, dass alle Dienststellen, die auf das Aktenmaterial der Alliierten Dokumentationszentrale zurückgreifen, nur in dem zulässigen Umfang von ihm Gebrauch machen, damit den durch die Unterlagen belasteten Personen keine vermeidbaren weiteren Nachteile entstehen.

In der Annahme, dass meine Auffassung von Ihnen geteilt wird, empfehle ich, für Ihren Geschäftsbereich entsprechende Weisungen zu erteilen.

Von einer Veröffentlichung dieses Rundschreibens bitte ich Abstand zu nehmen.“

Quelle: GA Wenden Best. C Nr. 51  (Gemeindearchiv Wenden, Kreis Olpe)


8.  Datenbank „Entartete Kunst“ FU Berlin
http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/db_entart_kunst/datenbank/


9. Treffpunkt Kunst http://www.treffpunkt-kunst.net/
unter: Künstler in der NS-Zeit


10. Datenbank GDK Research
http://www.gdk-research.de/db/apsisa.dll/ete


11. Anmerkung:
Die Motive Josef Steibs, (deutsche) Landschaften, ländliche Szenen und Stillleben, passten genau in die auf der GDK propagierten nationalsozialistischen Kunstvorstellung, zu der der Kunsthistoriker Christian Fuhrmann (Zentralinstitut für Kunstgeschichte/GDK-Datenbankprojekt) Folgendes äußerte: „ ... Der Eindruck der geballten Banalität. Fünfzig Prozent sind Stillleben oder Landschaften.“
(http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/ns-kunst-ein-tabu-wird-gebrochen-11496576.html)


12. Katalog zur Ausstellung „Kunst im 3. Reich – Dokumente der Unterwerfung“, Frankfurt 1974, Seite 41


13. http://www.kulturstiftung-rlp.de/uploads/media/Dokumentation_2009_02.pdf
(Anmerkung: In dieser Veröffentlich nennt die Stiftung ein anderes Jahr für die Übersiedlung nach Cochem als auf der eigenen Homepage  - 1947 statt 1949)


14. Dossier zur NS-Kunstpolitik FU Berlin
http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/khi/forschung/entartete_kunst/dossier/ 


15. Anmerkung: Wer glaubt, unter der Rubrik „Ausstellungen“ auf der offiziellen Seite der Stiftung zu Josef Steib gäbe es genauere Angaben zu dessen Ausstellungstätigkeit, wird enttäuscht. Hier sind nur Ausstellungen nach dem Krieg ab 1949 aufgelistet.


16. Beiträge zum Fall Scherl
http://de.wikipedia.org/wiki/Altes_Rathaus_–_Städtische_Galerie_für_moderne_Kunst

http://www.arthistoricum.net/kunstform/kommentar/

http://www.derschwebendepunkt.eu/ - top


17. Ein Beitrag über den Stifter und seine umfangreiche Sammlung (Breker, Peiner, Scherl) : http://www.meistermann-gesellschaft.de/TV_-_Aufarbeitung_NS-Sammlung_Haus_Beda_-_Kultur_ganze_Seite_-_07.03.13.pdf

Zu der unter „Meinung Uwe Hentschel“ enthaltenen Textstelle
„Dass das NSDAP-Mitglied Scherl nicht in Hitlers Liste der "gottbegnadeten" oder gar "unersetzlichen Künstler" aufgenommen wurde, dürfte jedoch nicht etwa an fehlender Parteitreue gelegen haben, sondern wohl eher an dessen künstlerischen Fähigkeiten. ...“
muss ich anmerken, dass ich zu diesem Thema auf folgende Information gestoßen bin:
„... die Liste der "Gottbegnadeten Künstler" bzw. in die von Hitler persönlich erstellte sogenannte "Führerliste" ... Dazu gehörten aus dem Bereich der bildenden Künste:  73 Maler, 34 Bildhauer, 51 Architekten sowie 23 Gebrauchsgrafiker und Entwerfer. Die komplette "Führerliste" ist leider (noch) nicht frei zugänglich, insofern können aktuell nur Vermutungen zu den dort dezidiert benannten NS-Künstlern angestellt werden.“
(Treffpunkt Kunst Treffpunkt Kunst http://www.treffpunkt-kunst.net/
unter: Künstler in der NS-Zeit)


18. Einer von vielen Kommentaren zur Peiner Ausstellung in Gemünd:
http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2012/05/22/streit-um-ausstellung-von-nazimaler_8620


19. Anmerkung:
Die Ausstellung im Residenzschloss zu Neuburg war nicht vom 12. Februar bis 15. Februar 2012 wie auf der Homepage der Stiftung unter der Rubrik „Atelier Steib“ /„Ausstellungen“ angegeben, sondern vom 12. Februar bis zum 15. April 2012.


20. Presseartikel zur Steib Ausstellung 2012 in Neuburg:
http://www.pnp.de/region_und_lokal/stadt_und_landkreis_passau/passau_land/1434948_Nazi-bleibt-Nazi-Stadtrat-Synek-kritisiert-Schneider-Reichel-Ausstellung.html


© 2015-1-23 Uta Grün 

 

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